Philosophie Album

  • Bertrand Russell

Bertrand Russell

 

Probleme der Philosophie (1912)

Es gibt viele Fragen – und unter ihnen solche, die für unser geistiges Leben von profundestem Interesse sind – die, soweit wir sehen können, für den menschlichen Intellekt unlösbar bleiben müssen, wenn seine Fähigkeiten sich nicht zu einer Grössenordnung entwickeln, die uns bis jetzt unbekannt geblieben ist. Hat die Welt einen einheitlichen Plan oder Zweck, oder besteht sie aus einem zufälligen Zusammenspiel der Atome? Ist das Bewusstsein ein beständiger Teil der Welt, so dass wir noch auf ein unbeschränktes Wachstum an Weisheit hoffen dürfen, oder ist das Bewusstsein ein transitorisches Phänomen auf einem kleinen Planeten, auf dem das Leben nach einiger Zeit unmöglich werden wird? Haben Gut und Böse eine Bedeutung für die ganze Welt oder nur für die Menschen? – Das sind Fragen, die die Philosophie stellt, und die von verschiedenen Philosophen verschieden beantwortet worden sind. Ob man die Antworten nun noch auf andere Weise entdecken kann oder nicht, es scheint jedenfalls so, als ob die Antworten der Philosophie samt und sonders nicht als wahr ausweisbar sind. Und doch, so gering die Hoffnung, Antworten zu finden, auch sein mag: es bleibt Sache der Philosophie, weiter an diesen Fragen zu arbeiten, uns ihre Bedeutung bewusst zu machen, alle möglichen Zugänge zu erproben und jenes spekulative Interesse an der Welt wachzuhalten, das wahrscheinlich abgetötet würde, wenn wir uns ausschliesslich auf abgesicherte Erkenntnisse beschränkten.

Lob des Müssiggangs (1935)

Wie die meisten meiner Generation bin ich nach dem Sprichwort „Müssiggang ist aller Laster Anfang“ erzogen worden. Da ich ein sehr braves Kind war, glaubte ich alles, was man mir sagte; und so entwickelte sich mein Pflichtgefühl derart, dass ich zeit meines Lebens und bis zum heutigen Tage nicht umhin konnte, immer schwer zu arbeiten. Aber wenn mir auch mein Handeln vom Gewissen vorgeschrieben war, so hat sich doch in meinen Ansichten eine Revolution vollzogen. Ich glaube nämlich, dass in der Welt zuviel gearbeitet wird, dass die Überzeugung, Arbeiten sei an sich schon vortrefflich und eine Tugend, ungeheuren Schaden anrichtet und dass es nottäte, den modernen Industrieländern etwas ganz anderes zu predigen, als man ihnen bisher immer gepredigt hat. Vieles an unserer, vermeintlich selbstverständlichen Auffassung vom Wert der Arbeit an sich ist ein Erbe dieses Systems und der modernen Welt nicht gemäss, da es aus der vorindustriellen Zeit stammt. Dank der modernen Technik brauchte heute Freizeit und Musse, in gewissen Grenzen, nicht mehr das Vorrecht kleiner bevorzugter Gesellschaftsklassen zu sein, könnte vielmehr mit Recht gleichmässig allen Mitgliedern der Gemeinschaft zugute kommen. Die Moral der Arbeit ist eine Sklavenmoral, und in der neuzeitlichen Welt bedarf es keiner Sklaverei mehr. Musse ist wesentlich für die zivilisatorische Entwicklung, und in früherer Zeit wurde die Musse weniger nur möglich durch die Arbeit vieler. Aber ihre Leistungen waren wertvoll, nicht weil Arbeit an sich, sondern weil Musse etwas Gutes ist. Und bei dem Stand der modernen Technik wäre es möglich, allen Menschen Freizeit und Musse gleichmässig zuzuteilen, ohne Nachteil für die Zivilisation. Dank der modernen Technik lässt sich der Arbeitsaufwand, der zum Erstellen des Lebensbedarfes für jedermann erforderlich ist, ungeheuer herabsetzen. Wenn der normale Lohnempfänger vier Stunden täglich arbeitete, hätte jedermann genug zum Leben und es gäbe keine Arbeitslosigkeit – unter der Voraussetzung einer gewissen, sehr massvollen und vernünftigen Organisation. Dieser Gedanke stösst bei den Wohlhabenden auf entrüstete Ablehnung, weil sie davon überzeugt sind, die Armen wüssten nichts Rechtes mit soviel Freizeit anzufangen.

Weitere Zitate

Ich glaube übrigens, dass das gesamte Universum mitsamt allen unseren Erinnerungen, Theorien und Religionen vor 20 Minuten vom Gott Quitzlipochtli erschaffen wurde. Wer kann mir das Gegenteil beweisen?

 

Die Wissenschaftler bemühen sich, das Unmögliche möglich zu machen. Die Politiker bemühen sich oft, das Mögliche unmöglich zu machen.

 

Es ist ein Jammer, dass die Dummköpfe so selbstsicher sind und die Klugen so voller Zweifel.

 

Wir haben eine doppelte Moral: eine, die wir predigen, aber nicht anwenden, und eine, die wir anwenden, aber nicht predigen.

 

Die Tatsache, dass eine Meinung weithin geteilt wird, ist noch lange kein Beweis dafür, dass sie nicht absolut absurd ist.

 

Die Welt, in der wir leben, lässt sich als das Ergebnis von Wirrwarr und Zufall verstehen; wenn sie jedoch das Ergebnis einer Absicht ist, muss es die Absicht eines Teufels gewesen sein. Ich halte den Zufall für eine weniger peinliche und zugleich plausiblere Erklärung.

 

Viel Freizeit kann ermüdend wirken, wenn die Menschen sich nicht vernünftig und interessant beschäftigen können Manche Menschen würden eher sterben als nachzudenken. Und sie tun es auch.


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